Die Ehre ist dankt der Rebellion gerettet

Auf der ganzen Welt konnte man das Foto der mit Demonstranten gefüllten Bastille in Paris und sehr harte Kommentare gegen Macrons «Coup» sehen. Hundertfünfzig solcher Veranstaltungen fanden im Land statt, und überall fühlten wir uns in Kraft. Ja, dieser Marsch war der Marsch der demokratischen Würde unseres Volkes. 

Man muss auf neue Wendungen vorbereitet sein. Denn kaum formiert, scheint der Regierungskarneval bereits so wackelig wie seine Zusammensetzung. Der Premierminister wird ersetzt, aber seine zurückgetretenen Minister bleiben zurzeit immer noch geschäftsführend im Amt, obwohl sie Abgeordnete sind. Herr Barnier selbst gibt zu, dass er einen befristeten Arbeitsvertrag hat, der sehr kurz sein kann. Und die Macronisten sind seit der Machtübergabe versucht, passiv zu unterstützen. Damit das Kapitel mit einer Barnier-Regierung beginnen kann, muss sie sich vorerst erfolgreich zusammenstellen, den Misstrauensantrag und die Verschwörungen der verdrossenen Macronisten zu überleben. Dies erfordert von unserer Seite Ernsthaftigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Unser Programm oder das von Macron Le Pen? Bedürfnis- oder Angebotspolitik? Die Einnahmen durch den Beitrag der Vermögen erhöhen oder die Staatausgaben kürzen? Auf das gestellte Problem muss man antworten, nicht mit Palastintrigen, sondern mit klaren und fundierten Entscheidungen. Hoffentlich kommt die Botschaft auch auf unsere Wahlbündnis an. Bisher sieht es nicht danach aus. Am Vorabend der Demonstration zögerte die Sprecherin von Olivier Faure nicht, willkürlich in den Rücken zu fallen: «Die Demonstration von Jean-Luc Mélenchon ist ein einsames Abenteuer». Niemand beachtete dies. Der Marsch, zu dem die von Olivier Faure verachteten Jugendorganisationen aufgerufen hatten, war ein denkwürdiger Erfolg.

Wie soll man die Vorgehensweise der franzosichen Sozialistischen Partei (PS) verstehen, wenn wir uns mitten im Kampf mit Macron befinden? François Hollande hat auf France Inter wieder einmal gewütet. Er enthüllt seine leider allzu bekannte Rechtsentwicklung : «Man muss die Themen anschneiden, auch die schwierigsten. (….) Sie haben genannt: Sicherheit, Immigration, die europäische Frage, die internationalen Themen, man muss sie anschneiden , sich der Realität stellen, auch in der Opposition, um danach die Ausübung der Macht zu rechtfertigen». Danach wollte der Zufall es, dass die Zuhörer, die sich auf Sendung äußern durften, alle Refrains der Leitartiklern seit Barniers Ernennung übernahmen: «Wenn die Rechte wieder an die Macht gekommen ist, ist die Linke schuld».  

Zuhörer 1: «Welche Wahl haben wir? Die PS verlassen und sich blind mit France Insoumise verbünden? Sicherlich wäre ein Sozialist Premierminister geworden, wenn nicht das Fallbeil der Nouveau Front Populaire angedroht worden wäre.»

Zuhörer 2: «Herr Hollande, warum haben Sie nicht endlich Einfluss auf diese PS, um aus diesem tödlichen Bündnis mit der France Insoumise auszusteigen? Wir sind viele in der PS-Familie, die Olivier Faure, einen einfachen Stellvertreter der France Insoumise, nicht unterstützen.»

Zuhörer 3: «Warum fragen Sie François Hollande nicht, warum die PS der LFI untergeordnet ist? Sie ernten, was sie gesät haben».

Die Antwort von F.Hollande? Eine inhaltlose Rede.  Er hatte bereits erklärt, dass die Sozialisten Bernard Cazeneuve niemals Misstrauen aussprechen  würden und dass er Macron davor gewarnt habe, trotz der gegenteiligen Entscheidung der NFP und der gemeinsamen Kandidatur von Lucie Castets. Daher legte er noch einmal nach: «Die Sozialisten müssen behaupten, dass, wenn diese Regierung stürzen sollte, eine Lösung gefunden werden muss.» Übersetzung: «Nach Barnier wird es wieder Cazeneuve sein». Wir haben bereits umgekehrt gesagt : Lucie Castets ist die gemeinsame Kandidatin für die Dauer dieser Amtszeit. Und so unglaublich es auch ist, das letzte Nationalbüro der PS hat mit 38 zu 33 Stimmen beschlossen, links zu bleiben und die Kandidatin der NFP zu unterstützen: Lucie Castets. Abgstimmt oder nicht, F.Hollande plädiert für seine Linie: “konstruktive Opposition“. Indem er fordert, dass diese „konstruktive Opposition“ mit dem öffentlichen Streit beginnt und die Konfliktfähigkeit als Methode und natürlich gegen LFI einsetzt. Es reicht ihm nämlich nicht, mit dem Vorschlag der Insoumis bezüglich der Amtsenthebung nicht einverstanden zu sein. Seiner Meinung nach muss er öffentlich angeprangert und sogar bekämpft werden: «Man muss jede einzelne Erklärung, die zur Unzeit abgegeben wird, anprangern, man muss sie anprangern, sich nicht an diesem völlig unbegründeten und unrealistischen Verfahren beteiligen, den Präsidenten der Republik abzusetzen, und schliesslich nicht auf eine vorgezogene Präsidentschaftswahl warten, sondern versuchen, die Versammlung, so wie sie ist, zum Leben zu erwecken, um den Fortschritt voranzutreiben. Und unter diesem Gesichtspunkt eine konstruktive Opposition zu haben».           

Die «konstruktive Opposition» ist ein selbstmörderischer Unsinn zu einer Zeit, in der der Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Europäische Kommission eine Reduzierung des Defizits und der Schulden fordern. Ich erinnere mich, dass ich im Präsidentschaftswahlkampf angekündigt habe, dass Macron die Mehrwertsteuer (MwSt.) erhöhen müsse, um das Ziel, zu dem er sich vor der Europäischen Kommission verpflichtet hatte, zu erreichen. Hatte ich mich bei der Zahl von 85 Milliarden, die gefunden werden müssen, geirrt? Wir werden dann sehen, welche Art von «konstruktiver» Erhöhung der Mehrwertsteuer F. Hollande findet… Dennoch verzichtet die Journalistin (Léa Salamé) darauf, ihn zu fragen, welche Art von “konstruktiver Opposition“ F.Hollande gegen den in Vorbereitung befindlichen Haushalt plant. Sie kommt sofort auf das «wirklich brennende Thema des Herbstes» zu sprechen: die Kommunalwahlen im Jahr 2026! Die Journalistin fragt dann: «François Hollande, wird es, bei den nächsten Wahlterminen, den Parlamentswahlen, den Kommunalwahlen, NFP-Kandidaten geben? (…) Das ist jedenfalls das, was viele auf der Linken denken». F.Hollande widersetzt sich dem frontal: «Nein! In vielen Städten Frankreichs wird es Sozialisten geben, zweifellos mit kommunistischen oder ökologischen Verbündeten, die keine FI-Kandidaten aufstellen werden, weil sie mit dem lokalen Programm nicht einverstanden sind.» Unnötig zu sagen, dass vor Ort die Botschaft klar und deutlich verstanden wurde.

Was ist mit der Union bei Parlamentswahlen? «Wenn es in einem Jahr vorgezogene Parlamentswahlen geben soll, und die Union wird vielleicht notwendig sein, es sei denn, es gibt eine Änderung des Wahlmodus…». Er selbst wurde unter der Fraktion gewählt, die er jetzt veracht! 

Léa Salamé : «Werden Sie wieder für die NFP kandidieren?»

F.Hollande: «Ich weiß nicht, was ich dann tun würde. Aber auch hier soll ein erneutes Ausgleichen der Wahlkreisverteilung.»

Sie haben richtig gelesen: Man müsste noch mehr Wahlkreise an die “konstruktive Opposition“ vergeben, die Ihre Wähler verunglimpft, aber mit der Rechten und der Macronie „aufbauen“ will. Auf diesem Niveau der Doppelzüngigkeit und Arroganz bezweifle ich, dass die «Insoumis» Unbeugsamen bereit sind, noch weiter für eine solche Partnerschaft zu bezahlen. Ich würde ihnen nicht dazu raten. Diese Situation muss beendet werden. Das klägliche Schauspiel des Endes der NUPES darf sich nicht wiederholen. Mit dieser Methode ist keine neue Eroberung in der Öffentlichkeit möglich. Dennoch geht es doch darum, eine Mehrheit an der Wahlurne aufzubauen, oder?

Die Abenteuer von Mélenchon (2). Wie Sie wissen, entdecke ich in der Presse Abenteuer, über die ich nur staunen kann: Die von Jean-Luc Mélenchon. An diesem Samstag, als ich auf den Demonstrationszug vom siebten September wartete, hatte BFM eine Drohne mit Mikrofon auf den Place de la Bastille geschickt. Wir sahen sogleich ein erschreckendes Duplex: «Ich habe hier Insoumis getroffen, für die Mélenchon das Problem ist». Ich dachte, es sei eine Demo gegen Macron und Barnier. Dank BFM verstehe ich, dass das gestellte Problem Mélenchon ist. Verdammt! Das beunruhigte mich sehr! Ist die «Mélenchon»-Gefahr, die so viel Angst macht, wirklich unter Kontrolle? Ich bezweifle das, denn in dieser Woche berichtet das örtliche Gemeindeblatt „Lyon Mag“ mit einem Foto, das die gesamte Titelseite einnimmt, dass Mélenchon in Kürze „der Boss“ von Lyon sein wird. Ich fand, dass dies die beunruhigendste Nachricht war, seit es keine Informationen mehr über die Bestie von Gévaudan gibt..

Mélenchon ist doch bis in die Wahl seiner Enthusiasmen hinein seltsam! Tatsächlich bringt Mélenchon mit einem einzigen Satz während eines anderthalbstündigen Vortrags über die «Kreolisierung» die wohlmeinende Lozère gegen sich auf. Danke, dass France 3 Occitanie seiner mutigen Warnpflicht nachgekommen ist: «Der humorvolle Zug des Leaders der Insoumis, der als neue Provokation erlebt wurde.» Mélenchon erklärt nämlich, dass Departement Martinique seine Intellektuellen wie Frantz Fanon, Aimé Césaire, Edouard Glissant und Patrick Chamoiseau besser behandelt als das Departement Lozère! Was für eine Frechheit!  Zitieren wir die köstliche Gegenantwort des Präsidenten des Gemeindeverbands «Coeur de Lozère»: «76 000 Einwohner dieses Departements zu verunglimpfen, ist bei weitem nicht zu seiner Ehre! »,  «Ich möchte ihn daran erinnern», erklärt der Präsident stolz, «dass wir Jean Antoine Chaptal, Théophile Roussel und Marie Rose Brugeron hatten». Er schloss mit einem schlagfertigen Witz: „Ganz im Gegensatz zu diesem Schmierenkomödiant … ohne Schicksal“. 

Das Frankreich von Michel Barnier und Carole Delga weiß die richtigen Worte zu finden, um sich Respekt zu verschaffen. Wie könnte man nicht auch mit diesem anderen Empörten aus der Region sympathisieren? Er hat sich bis ins Licht der nationalen Presse ein Weg gebahnt, um mit Schwung zu erklären: «Er hat genug vom menschenverachtenden Zentralismus der Pariser». Ich erlaube mir kaum, diesem guten Mann entgegenzuhalten, dass Martinique kein Arrondissement von Paris ist. Aber dennoch habe ich mich gefragt, warum sich keines dieser treuen Seelen dazu verpflichtet fühlte, ein Wort des Respekts für die von Mélenchon zitierten Intellektuellen aus Martinique zu sagen. Sicherlich nicht, weil sie schwarz sind! Auch nicht, weil der Präsident von «cœur de Lozère» die 300 000 Martiniquais und die Karibik im Allgemeinen verachtet. Weit gefehlt! Vielleicht liegt es daran, dass sie links sind. Denn für mich ist es die Aufmüpfigkeit jedes Einzelnen von ihnen, die ihr literarisches Auftauchen nährt und vielleicht sogar erklärt. Daher hätte ich erwartet, dass die großen Persönlichkeiten aus dem „Coeur de Lozère“ die Namen von Kamisarden nennen würden. Diese Widerstandskämpfer gegen die königliche und katholische Gewalt, die ihre Zeit beherrschten, schenkten Frankreich durch ihren Kampf die Erfindung der Gewissensfreiheit. Kein einziges Wort darüber leider. Schade! Ich überlasse Mélenchon seinen seltsamen Vorlieben und lasse zu, dass Fort-de-France ihn mehr beeindruckt als Mende. Ich werde bald nach Mende fahren.

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